Judith Königer
Dachrinnen
Ich kennzeichnete eine Türe „Vision“
auf einer Karte meines Hauses. Ich nannte
Zimmer „Menschen“ und „Natur“, „Äpfel“
und „Licht“. Ich kann dir sagen
es gibt hier keine Rinnen:
Es gibt nichts um den Regen
weg zu leiten, nichts
um die Blätter der Bäume, die auf meiner Karte
die Namen von Fenstern tragen,
aufzufangen.
Und deshalb habe ich keinen Sinn für Dächer,
für Abdeckungen.
Bilder füllen meinen Treppenabsatz,
strömen unter Türen hindurch, die ich nicht benannte –
es muss
Raum zwischen einigen Zimmern geben
den Lyrik nicht besetzen kann.
Und wenn ein Zimmer voller „Fragen“ oder „blind“, „Verschmelzen“
oder „langsam“ ist, wer könnte sich einen
Kanal denken um sie einzufangen,
ein Dach sie abzudecken, wenn „Fragen“
und „blind“, wenn „Äpfel“ und „Lied“
wissen, dass es jenseits dieser Wände „Gras“
und „Tiefe“ und „Himmel“ gibt?
Übersetzt von Miriam Bross
Dachrinne
Ich habe einen Eingang als „Vision“ bezeichnet
auf einer Karte meines Hauses. Ich habe
Zimmer „Leute“ und „Natur“, „Äpfel“
und „Licht genannt. Ich sage euch,
es gibt keine Rinnen hier:
da ist nichts, um den Regen
wegzuführen, nichts,
um die Blätter von Bäumen aufzufangen, die auf meiner Karte
die Namen der
Fenster haben.
Und deshalb habe ich keinen Sinn für ein Dach,
dafür einzuschließen.
Bilder füllen meinen Treppenabsatz,
quetschen sich unter Türen, die ich nicht bezeichnet habe –
es muss zwischen manchen
Zimmern Raum geben,
den Poesie nicht besetzen kann.
Und falls ein Raum erfüllt ist mit „Fragen“ oder „blind“, „vereinigen“
oder „langsam“, wer könnte
an einen Kanal, um sie zu fangen denken,
ein Dach, um sie zu zu decken, wenn „Fragen“
und „blind“, wenn „Äpfel“ und „Lied“
wissen, dass es außerhalb dieser Wände „Gras“
und „tief“ und „Himmel“ gibt?
Übersetzt von Judith Königer
Regenrinne
Ich habe einen Eingang als „Vision“ beschriftet
auf einer Karte meines Hauses. Ich habe
Räume benannt mit ‚Menschen’ und ‚Natur’, ‚Äpfel’
und ‚Licht’. Ich kann Dir sagen
hier gibt es keine Rinnen:
hier gibt es nichts, das
den Regen davon leitet, nichts,
um Blätter einzufangen von Bäumen, die auf meiner Karte
den Fenstern
Namen geben.
Und eben deshalb habe ich keinen Sinn für ein Dach,
dafür einzuschließen.
Bilder füllen meinen Treppenabsatz
drängen sich unter Türen ohne Namen –
es muss doch
Orte geben zwischen manchen Räumen,
die Poesie nicht einnehmen kann.
Und falls ein Raum gefüllt ist mit ‚Fragen’ oder ‚blind’, ‚Verschmelzen’
oder ‚langsam’, wer könnte
einen Kanal ersinnen, sie einzufangen,
ein Dach, sie einzuschließen, wenn ‚Fragen’
und ‚blind’, wenn ‚Äpfel’ und ‚Song’
wissen, dass es außerhalb dieser Wände ‚Gras’,
und ‚tief’ und ‚Himmel’ gibt?
Übersetzt von Maria Luise Schlay