Aprilia Zank
Bettler in der U-Bahn
Wenn du sterben würdest, stellen wir es uns einfach vor –
es kostet mich letztendlich nichts –
in Farbe, sagen wir du wirst erstochen,
blutnaß, rot dein Hemd, dein Gesicht verzerrt vor Schmerz
und mit der Bemühung ganz gefasst zu bleiben,
ganz ordentlich in deinem Todeskampf,
beleidigst du mich, setzt meine Anteilnahme aufs Spiel,
ich würde immer noch meine Augen in mein Buch versenken,
nichts sehen als eine alte Wage,
ungleich hängend, während eine ungesehne Hand
noch einen Stein auf die linke Seite legt;
dann schockiert - eine ja eine Sekunde lang, vielleicht mehr,
dass ich dir nicht helfe, würde ich mich schnell
in der Suche nach Worten für diese erste Zeile verlieren.
Übersetzt von Barbara Koch
Der Bettler in der U-Bahn
Wenn du gerade sterben würdest, stellen wir’s uns vor –
es kostet mich fast nichts nach alldem –
in Technicolor, sagen wir, du wärst gerade eben erstochen worden,
Blut trieft rot durch dein Hemd, das Gesicht verzerrt vor Schmerz
und bei dem Bemühen ganz höflich zu
bleiben, um nicht wüst zu wirken in deinem Todeskampf, beleidigst
du mich, gefährdest mein Mitgefühl,
würde ich dann immer noch meine Augen in dieses Buch versenken,
nichts als eine antike Waage sehen,
die ungleich hängt, während eine unbeachtete Hand
noch einen weiteren Stein der linken Seite hinzufügt;
dann schockiert so für eine Sekunde, vielleicht auch länger,
dass ich dir nicht helfe, verliere ich mich schnell
im Ersinnen der Wörter für diese erste Zeile.
Übersetzt von Chrissanti Moukrioti
Der Bettler in der U-Bahn
Stell dir vor, wenn du jetzt sterben würdest -
schließlich kostet es mich fast nichts -
in Farbfilm, sag, dass du gerade erstochen wurdest,
blutig & nass, rot ist dein Hemd, das Gesicht angespannt von Angst
und mit der Anstrengung ziemlich höflich
zu bleiben, damit ich in deiner Agonie nicht verloren, greifst du
mich an, gefährdest meine Zuneigung,
ich würde immer noch meine Augen in diesem Buch verschließen,
und würde nichts als eine alte Waage seh'n
uneben hängend wie eine unsichtbare Hand, die
noch einen Stein auf die linke Seite legt;
dann geschockt für eine Sekunde oder vielleicht mehr,
dass ich dir nicht helfe, weil ich mich schnell
in Gedanken bei den Worten für den Anfang verloren habe.
Übersetzt von Michael Preidel
Bettler in der U-Bahn
Lägest du im Sterben, stellen wir uns mal vor --
es kostet mich ja so gut wie nichts –
in Farbe, sagen wir mal, erstochen,
blutüberströmt, Hemd rot, Gesicht von Schmerzen verzerrt
dabei doch stets bemüht höfflich zu bleiben
ja nicht im Todeskampf verwirrt zu erscheinen,
mich zu kränken, mein Mitgefühl zu gefährden,
würde ich wohl noch immer in diesem Buch starren,
nichts anders wahrnehmen als eine uralte Waage
schief hängend als eine unsichtbare Hand
auf den linken Teller noch ein Gewicht hinlegt
und dann für einen Augenblick oder länger schockiert,
daß ich gar nicht dir zur Hilfe eile, schnell mich vertiefe
ins Grübeln über die für die erste Zeile passenden Worte.
Übersetzt von Aprilia Zank