Pascale Petit veröffentlichte vier Lyriksammlungen. The Huntress und The Zoo Father kamen auf die engere Auswahlliste für den britischen T. S. Eliot-Preis und im Times Literary Supplement unter die „Bücher des Jahres“. Ihre aktuellen Gedichtbände sind The Treekeeper’s Tale (2008) und The Thorn Necklace. Forty poems after Frida Kahlo (2009). Die Poetry Book Society und das Arts Council bezeichneten sie 2004 als eine der Lyrikerinnen der nächsten Generation. Sie erhielt zahlreiche Preise und wurde in viele Sprachen übersetzt. Ursprünglich ließ sie sich am Royal College of Art zur Bildhauerin ausbilden und war von 1989 bis 2005 Herausgeberin der Poetry London. Momentan ist sie Royal Literary Fund Fellow an der Universität Middlesex und arbeitet als Privatdozentin an der Universität Oxford , der Poetry School und der Tate Modern.
Sabine Stiglmayr
Die Baumhüter-Geschichte
Ich hab mich häuslich eingerichtet im hohlen Stamm eines rothölzigen Mammutbaums.
Mein Bett ist eine Matte von Piniennadeln. Zapfen lassen ihre Spiralen fallen
auf mein Gesicht, als ich schlafe. Ich habe die üblichen Flug-Träume.
Aber alles, was ich weiß, wenn ich aufwache, ist, dass diese Baumrinde mein Behältnis ist
wenn ich durch den Raum sause. Einst, wurde ich in meiner Wiege geschaukelt,
die aus rotem Küstenholz geschnitzt war, ihre Schlaflieder waren mein altes Fischerboot.
Ich suchte nach diesem singenden Hain und wurde sein Wächter.
Es gibt Tage, an denen der Wind jeden Baum spielt
wie ein neues Instrument im Wald-Orchester.
In wilden Nächten ist meiner eine Flöte. Nach Jahren der Einsamkeit
begann ich, sein Lied zu hören. Ich liege da auf die Sterne starrend,
bis die Wachstumsringe mich in Reifen umfassen-
Chöre konzentrischer Farben, als ob mein Baum gerade dabei ist,sich zu erinnern
an die Musik der Sphären. Und ich erinnere mich beinahe daran, wie ich
mein erstes Wort spreche, wie es aus meinem Mund herausströmte wie eine Taube.
Ich habe es vergessen wie andere meiner lieblichen Laute.
Übersetzt von Anna Barbara Braun
Des Baumhüters Bericht
Ich hab ein Haus gebaut in der Höhle eines Mammutbaumstamms.
Mein Bett ist eine Matte aus Piniennadeln. Zapfen werfen ihre Spiralen
auf mein Gesicht, wenn ich schlafe. Ich hab die üblichen Träume vom Fliegen.
Aber alles, was ich weiß, wenn ich erwache, ist: diese Borke ist meine Barke,
wenn ich durchs All schieße. Einstmals wurde ich in einer Wiege geschaukelt,
geschnitzt aus einem Küsten-Mammutbaum, seine Schlaflieder waren mein Boot.
Ich suchte nach diesem singenden Holz und wurde sein Wächter.
Tage gibt es, da spielt der Wind jeden Baum
wie ein neues Instrument im Wald-Orchester.
In stürmischen Nächten ist meiner eine Flöte. Nach Jahren der Einsamkeit
kann ich endlich sein Lied hören. Ich liege und schaue zu den Sternen
bis die Jahresringe mich wie Reifen umschließen.
Chöre konzentrischer Farben, als ob mein Baum sich erinnert
an die Sphärenmusik. Und ich erinnere mich beinah ans Sprechen
meines ersten Worts, wie es aus meinem Mund flog als eine Taube.
Ich hab vergessen, wie andres Menschenwort klingt.
Übersetzt von Julia Offermann
Der Hüter des Baums
Ich schlug mein Lager auf im hohlen Stamm einer riesigen Sequoia.
Mein Bett ist eine Matte aus Piniennadeln. Zapfen lassen ihre Spiralen
auf mein Gesicht fallen, während ich schlafe. Ich habe die üblichen Flugträume.
Doch wenn ich erwache, weiß ich nur, dass dieser Nachen mein Luftschiff ist,
wenn ich durch das All rausche. Einst wurde ich geschaukelt in einer Wiege
geschnitzt aus einem Küstenmammutbaum, seine Schlummerlieder waren mein Coracle.
Ich suchte nach diesem singenden Hain und wurde sein Beschützer.
Es gibt Tage, an denen der Wind jeden Baum spielt
wie ein neues Instrument im Orchester des Waldes.
In wilden Nächten ist meiner eine Flöte. Nach Jahren der Einsamkeit
begann ich, sein Lied zu hören. Ich liege da und starre in die Sterne
bis die Jahresringe mich in Reifen umschließen –
Chöre von konzentrischen Farben, als ob sich mein Baum
der Musik der Sphären entsinnt. Und ich erinnere mich dunkel zurück
an mein erstes Wort, wie es aus meinem Mund flog wie eine Taube.
Ich habe vergessen, wie ein anderer meiner Art klingt.
Übersetzt von Sabine Stiglmayr