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Wir begrüßen Sie ganz herzlich auf dem Blog des internationalen Übersetzerprojektes poetry tREnD. Sie finden hier Texte, die wir nach dem Werkstatt-Prinzip übersetzt haben. Wir wünschen Ihnen beim Lesen viel Spaß!


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Sonntag, 21. Juni 2009


Todd Swift wurde 1966 in Montreal in Kanada geboren. Derzeit lebt er mit seiner Frau in London und arbeitet als Rezensent, Lektor und Hauptbetreuer von „The Poetry School“. Seit 2002 ist er Lyrik-Redakteur des prämierten Online-Magazins www.nthposition.com und seit 2004 Oxfam GB Poet In Residence. Nach seinem Studium des Kreativen Schreibens an der University of East Anglia arbeitete er bereits als Schreiber fürs Fernsehen und ist der Autor von drei Lyrikbänden. Er ist Herausgeber mehrerer Anthologien und seine Gedichte erschienen in Lyriksammlungen und internationalen Lyrik-Zeitschriften sowie weltweit im Radio. Er gewann den Young Quebecer of the Year Award und wurde zweimal für The Irving Layton Poetry Prize nominiert. Zweimal rrepräsentierte er Quebec in The League of Canadian Poets.

Theresa Neumeier



Meine Geigenspielerin

füllt ihr Regal ordentlich auf, faltet
ihren verchromten Notenständer in der Nacht auseinader,
bestellt reihenweise Flugtickets,

fürs selbe Ziel
nur um sie beiläufig drei Wochen später
zu stornieren. Sie lässt Ordnung zu Hause Einkehr halten,

und spielt damit. Sinniert über Dinge
aus welchem Grund auch immer, hortet
Leidenschaft, lässt sie dann wieder verfallen.

Vermählt Hast und mattere Geduld,
Eleganz und verrückte Dance-Hall-Musik,
Liegt niemals daneben, bis zum letzten Akt.

Verwandelt Gesetz zu Theater, Dramatik zu
Disziplin mit einem langen Geigen-Bogen.
Kuriert blanke Nerven mit Eis und Feder.

Meine Geigen-Spielerin ist mehr als Gerede.
Ihre eigentliche Begabung ist nicht das Anwalts-Dasein.
Zwei Häuser-Blöcke entfernt von der Baker-Street

löst sie kleine Geheimnisse
der Ehe in Strumpfhaltern aus Paris, ihr
Instrument gehalten in zwei lila-farbenen Handschuhen.

Übersetzt von Anna Barbara Braun



Meine Violinspielerin

führt ihren Schrank gründlich, enthüllt
ihr verchromtes Notenpult nächtlich;
bestellt Flugzeugtickets haufenweise,

für dasselbe Reiseziel, nur um sie dann
beiläufig zu annullieren, drei Wochen
später. Sie beordert Ruhe nach Hause,

und spielt mit ihr. Sinnt über Dinge nach
aus irgendeinem stillen Grund. Hortet
Leidenschaft, dann lässt sie sie verenden.

Vermählt Hast mit geistloser Geduld,
Anmut mit wilden Dancehall-Songs.
Irrt sich nie, bis hin zum letzten Akt.

Wandelt Gesetz zu Theater, Drama zu
Strafe mit einem langen Violinbogen.
Kuriert Nerven mit Eis und Federn.

Meine Violinspielerin ist mehr als Rederei.
Ihre wahre Berufung ist nicht Advokatin.
Zwei Blocks von der Baker Street entfernt

löst sie die kleinen Geheimnisse
der Ehe in Strumpfhaltern aus Paris, ihr
Instrument in zwei violetten Handschuhen haltend.

Übersetzt von Chrissanti Moukrioti



Meine Geigenspielerin

Stattet ihren Schrank gut aus, breitet
allnächtlich ihr verchromtes Notenpult aus;
bestellt Flugtickets in Mengen,

zum selben Reiseziel,
nur umsie drei Wochen später beiläufig zustornieren.
Sie lädt Ordnung zu sich nach Hause ein

und spielt mit ihr. Studiert Dinge
aus irgendeinem frommen Grund. Hamstert
Leidenschaft und lässt sie dann verderben.

Vermählt Hast und trägere Geduld,
Anmut und irrwitzige Dancehall-Songs.
Hat bis zum letzten Akt niemals Unrecht.

Macht Recht zum Theater, Drama zur
Disziplin, mit einem langen Geigenbogen.
Heilt Nerven mit Eis und Federn.

Meine Geigenspielerin ist mehr als nur Gerede.
Ihre wahre Berufung ist nicht Avocatin.
Zwei Blocks von der Baker Street entfernt

löst sie die winzigen Rätsel
der Ehe in Strumpfbändern aus Paris, ihr
Instrument mit zwei violetten Handschuhen haltend.

Übersetzt von Theresa Neumeier



Meine Geigerin

lagert ihren Kasten gut, entfaltet
ihren Metallnotenständer jede Nacht
bestellt Flugtickets in Mengen,

zum selben Ort, nur um sie
zu stornieren etwa drei Wochen
später. Sie bestellt Aufträge nach hause

und spielt damit. Studiert Dinge
zu einem heimlichen Zweck. Hortet
Leidenschaft, dann läßt sie sie fahren ins Nichts.

Paart Eile mit dumpfer Geduld,
Eleganz mit irrer Tanzmusik.
Spielt nie falsch, bis zum letzten Akt.

Vereint Gesetz und Theater, Drama und
Disziplin auf einen Bogenstrich.
Heilt Nerven mit Eis und Federn.

Meine Geigerin übertrifft meine Worte.
Ihre wahre Berufung ist nicht Rechtsanwalt.
Zwei Blocks weiter von Baker Street

löst sie die kleinen Mysterien der Ehe
in Strumpfbändern aus Paris, hält ihr Instrument
in einem Handschuhpaar aus Purpur.

Übersetzt von Julia Offermann

Todd Swift was born in Montreal, Canada in 1966. He now lives in London, with his wife, where he works as a reviewer, university lecturer and Core Tutor for The Poetry School. He has been poetry editor of the award-winning online magazine www.nthposition.com since 2002, and Oxfam GB Poet In Residence since 2004. Having received a Creative Writing MA from the University of East Anglia, he has worked as a TV writer and is the author of three poetry collections. Being himself editor of several poetry anthologies, his own poems have been anthologized, have appeared in international poetry magazines and have been broadcast around the world. He is a winner of a Young Quebecer of the Year Award, and has been short-listed for The Irving Layton Poetry Prize. He has twice been the Quebec representative for The League of Canadian Poets.

Quelle: poetry p f



My Violin Player

stocks her cupboard well, unfolds
her chrome music stand nightly;
orders airline tickets in multiples,

for the same destination, only to
cancel them casually three weeks
later. She invites order home,

and plays with it. Studies things
for some quiet sake. Hoards
passion, then lets it go to waste.

Marries haste to duller patience,
elegance to mad dancehall songs.
Is never wrong, until the last act.

Turns law to theatre, drama to
discipline with a long violin bow.
Cures nerves with ice and feathers.

My violinist is more than talk.
Her real vocation's not avocat.
Two blocks from Baker Street

she solves the petite mysteries
of marriage in garters from Paris, her
instrument held in two purple gloves.

in collection Rue Du Regard, 2004,
DC Books, MontrealISBN 0-919688-11-X (pbk)

Amanda Sewell, 1945 geboren, hat schon als Kind angefangen zu schreiben. Sie führte ihre Ausbildung an der Universitäten von Birmingham und East Anglia und unterrichtete englisch in Paris, Sydney und Brighton. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn. 2001 erschien ihr erster Gedichtband The Appropriate Country (Waterloo Press, Brighton), die schon in verschieden Zeitschriften wie London Magazine, The Listener, Twentieth Century, Nineties Poetry, Quadrant und Eratica veröffentlicht wurde. Die Zeit ihrer Arbeit umfasst mehr als 30 Jahren. Alan Ross, Stevie Smith und George MacBeth ermutigten sie zu schreiben.

Valentina Codevilla


Nord-Alaska

Heute ist der Himmel weißer als Schnee.
Die Sonne steht auf: rot als Bac n' Pieces
im arktischen Coastal Trading Store
an der Ecke der Ankovah-Strasse, wo
gefrorener Ozean, fest wie Pompeii,
grün als crème de menthe ist:
frierender Rahmen, ohne Ende und Grenzen.

Schwarz wie Gewehrkugeln, karikierte Schneefiguren,
wie Batman steht dieser gefrorene Gotham,
in der Tundra ist Schnee wie Eisplatte,
wie Johurt die Polarbäre mit Johanesbeeraugen,
unter der gothischen Arken von Bowhead häufen
Wal-Kiefer-Knochen: vom Hunger gestorben; überall
herrscht gigantischer, mistischer Geist: unvermesslich; schrecklich.

Polarlicht webt bunte
Vorhänge im Himmel. Browerville's bracelet
leuchtet in den Sternen. Laikas in ihren Hundenschlittentouren
bellen die ganze Nacht – beruhigt mit Schneewehen
unten der Strasse. Umgekippt, ein Chevy
ruht sich verlassen im Schnee: nehmend
auf sich die Last der Schläge des arktischen Windes.

Übersetzt von Tatiana Cherezova



Nord-Alaska

Heute ist der Himmel weisser als Schnee
Die Sonne geht auf: rot wie Bac n‘ Pieces
In dem Arctic Coastal Trading Store
An der Ecke von Ankovah Street,
wo der gefrorene Ozean, wie Pompei beständig,
ein Gemälde von grüner Crème de Menthe ist:
eine eingefrorene Fläche, mehrmals wiederholt.

Schwarz wie Gewehrkugeln, imaginäre Schneemaschinen,
Batman ausserhalb dieser gefrorenen Gotham
In der wilden Natur, mit ihrer Eisbahn,
als buttermilchige und schwarz äugige Eisbären,
Sammlung unter dem gotischen Gewölbe von Bowhead:
Kieferknochen von verhungerten Walen umgerahmt,
riesig, mythische Gespenster: gewaltig, immens.

Die Lichten im Norden binden farbige
Vorhänge im Himmel. Browervilles Armband
leuchtete bei den Sternen. Huskies bellen in deren Zwingern
Die ganze Nacht durch- von Schneewehungen
Auf der Strasse gedämpft. Nach oben gewandt liegt
im Schnee eine verlassene Chevy:
Kämpfend gegen den arktischen Wind.

Übersetzt von Valentina Codevilla



Nord-Alaska

Heute ist der Himmel weißer als Schnee.
die Sonne geht auf: rot wie Bac n' Pieces
im Arcitica Coastal Trading Store
an der Ecke der Ankovah Street, wo
der gefrorene Ozean, solide wie Pompeji,
ein Gemälde grün wie crème de menthe:
ein Standbild, wieder und wieder wiederholt.

Schwarz wie Gewehrkugeln, Zeichentrickschneemobile,
Batman raus aus diesem gefrorenen Gotham,
rauf auf die Tundra, mit ihrem Eislaufbahn-Eis,
wie Buttermilch-Polarbären mit Johannisbeer-Augen
sich versammeln unter den gotischen Bögen des Bowhead
Walkieferknochen: abgezehrt, umrahmt,
gigantisch, mythische Geister: unermeßlich, unmenschlich.

Die Nordlichter weben bunte
Vorhänge in den Himmel. Brownerville ist ein
durch Sterne erleuchteter Armreif. Huskies in ihren Hundehütten
bellen die ganze Nacht – gedämpft durch Schneeverwehungen
die Strasse hinab, nach oben gewandt, liegt ein Chevy
verlassen im Schnee:
er schultert die Hiebe des arktischen Windes.

Übersetzt von Judith Königer



Nordalaska

Der Himmel ist heute weißer als Schnee.
Die Sonne geht auf: rot wie Schinkenstücke
im Laden für Waren der arktischen Küste.
An der Ecke der Ankovah Street, dort wo
die gefrorene See liegt, hart und ewig wie Pompeji,
ist ein Gemälde, grün wie Crème de menthe:
ein Standbild, erstarrt, in zahlloser Vielfalt.

Schwarz wie ein Projektil die grobgezeichneten Motorschlitten,
Batman stürmt aus diesem gefrorenen Schilda
auf die Tundra und ihre Eisbahn,
während sich buttermilchige Eisbären mit brombeerigen Augen
unter die gotische geschwungenen Kieferknochenbögen
des Grönlandwals scharen: ausgehungert eingerahmt,
Gigantengeister des Mythos, gewaltig; unheimlich.

Es weben die Nordlichter farbige
Baldachine in den Himmel. Browerville ist ein Armreif
der von Sternenlicht strahlt. Huskys im Zwinger
bellen die ganze Nacht über, gedämpft von Schneeverwehungen
entlang der Straße. Darunten liegt ein Chevy
verlassen im Schnee.
Auf sich nimmt er die Böen des arktischen Windes.

Übersetzt von Isabella Wiegand

Amanda Sewell was born in 1945, and has been writing since childhood. She was educated at the Universities of Birmingham and East Anglia, and has taught English in Paris, Sydney and Brighton. She is married, with one son. Her first volume of poems The Appropriate Country was published in 2001, by Waterloo Press, Brighton. She had previously been published in magazines as diverse as London Magazine, The Listener, Twentieth Century, Nineties Poetry, Quadrant and Eratica. Her work spans more than three decades. The late poets Alan Ross, Stevie Smith and George MacBeth all encouraged her to write.

Quelle: poetry p f



North Alaska

Today the sky is whiter than snow.
The sun rises: red as Bac n’ Pieces
in the Arctic Coastal Trading Store
at the corner of Ankovah Street, where
the frozen ocean, solid as Pompeii,
is a tableau of crème de menthe green:
a freeze frame, repeated again and again.

Black as bullets, cartoonish snow-mobiles,
batman out of this frozen Gotham,
on to the tundra, with its skating-rink ice,
as buttermilk polar bears with curranty eyes,
gather under the gothic arches of Bowhead
whale jaw-bones: famished; framed,
gigantic, mythic ghosts: immense; immane.

The Northern Lights weave coloured
curtains in the sky. Browerville’s a bracelet
lit by stars. Huskies in their dog lots
bark all night – hushed by snow drifts
down the streets. Upturned, a Chevy
lies abandoned in the snow:
shouldering the blows of the Arctic wind.

published in collection "The Appropriate Country",
Waterloo Press, 2001

Jane Routh ist Dichterin und Photographin. Sie betreibt Forstwirtschaft und hält Gänse im Wald von Bowland, im Norden von Lancashire, wo sie seit 30 Jahren lebt. Auf die Bücher des amerikanischen Schriftsteller Charles Wright kommt sie immer wieder gerne zurück und sie würde weite Wege in Kauf nehmen um Ausstellungen von Photographen wie Thomas Joshua Cooper oder Olivia Parker sehen zu können. Als erfahrene Lehrerin, war sie Dozentin an der Poetry Business Writing School.
Ihre erste Sammlung Circumnavigation (2002) gewann die Poetry Business Competition. Teach Yourself Mapmaking folgte im Jahr 2006.

Christoph Hueber



Signalflagge K: Ich möchte mit dir sprechen
KILO

Abends sitzen wir auf den Felsen über der Bucht
und beobachten die Gezeiten. Wenn sich ein
schönes Abendrot ankündigt, nimm die Jacke und einen Apfel.
Ein Nicken kann bedeuten, dass der Bussard zurück ist
auf dem Zaunpfahl, eine kleine Geste kommentiert
die dunkle Schliere in den Wellen.
Keiner von uns beiden hat etwas zu sagen,
bedeutend genug, um das Schweigen zu brechen.
Ich glaube, ich mag Ebben am liebsten,
die ganze Bucht eine entleerte Schüssel,
der verpasste Augenblick des Wechsels.

Im Winter werden wir die Sessel
näher an den Ofen rücken, alle Lampen anzünden
und uns Gedichte vorlesen,
die wir nicht verstehen.
Der Klang sagt meistens alles.
Wir können uns abwechseln, Tee und Orangen holen.
Vor dem Frühling kommt keiner hier raus.

Wenn ich wieder alleine bin und gewohnt an die Angst,
nachts, wenn die Schafe sich an die Wände drängen,
werde ich mich erinnern, an Takte der alten Melodien;
werde ich mich erinnern, ans Singen im Bad.
Eingehüllt in weißen Handtüchern werde ich hinaus starren
durch mein Spiegelbild hindurch, auf die dunkle See.
Auf die roten Lichter eine halbe Meile draußen,
finde eine matte Deckbeleuchtung mit dem Fernglas
und beobachte die nächtliche Arbeit von winzigen Gestalten.

Übersetzt von Christoph Hueber



Winkerflagge K: Ich möchte Verbindung mit Ihnen aufnehmen
KILO

Abends sitzen wir auf Felsen über der Bucht
und beobachten die Gezeiten. Gibt es Anzeichen
für einen guten Sonnenuntergang, greif dir eine Jacke und einen Apfel.
Ein Nicken kann andeuten, dass der Bussard zurück ist
auf dem Zaunpfahl, eine unscheinbare Geste
einen dunklen Streif in den Wellen hinterfragen.
Keiner von uns hat etwas zu sagen,
das bedeutend genug wäre, um die Stille zu durchbrechen.
Ich glaube, die niedrigen Springwasser sind mir am liebsten,
die ganze Bucht ein leeres Becken,
der ungreifbare Augenblick vom Wechsel zwischen Ebbe und Flut.

Im Winter werden wir die Sessel
näher an den Ofen rücken, die Lichter entzünden
und uns einander Gedichte vorlesen,
die wir nicht verstehen,
für den Fall, dass Klang für sich spricht.
Wir können abwechselnd Tee und Orangen holen.
Niemand kommt hierher bis es Frühling wird.

Sobald ich wieder alleine lebe und Ängste gewohnt bin,
nachts wenn Schafe gegen die Wände reiben,
erinnere ich mich womöglich wieder Fetzen alter Melodien;
vielleicht erinnere ich mich daran, im Bad zu singen.
Eingehüllt in weiße Handtücher starre ich
durch meine Reflektion hinaus auf die dunkle See
nach roten Lichtern eine halbe Meile entfernt,
finde ein schwaches Decklicht mit Ferngläsern
und beobachte die Nachtarbeit winziger Gestalten.

Übersetzt von Maria Luise Schlay



Signalflagge K: Ich möchte mit Ihnen Verbindung aufnehmen
KILO

An den Abenden sitzen wir auf Felsen über der Bucht
und schauen den Gezeiten zu. Wenn es nach einem vielversprechenden
Sonnenuntergang ausschaut, schnapp dir eine Jacke und einen Apfel.
Ein Wink könnte besagen der Bussard ist zurück
auf dem Zaunpfahl, eine kleine Geste
könnte nach einem dunklen Streifen in den Wellen fragen.
Keiner von uns hat etwas zu sagen,
das es wert wäre, die Stille zu unterbrechen.
Das Ablaufen der Ebbe bei Voll- und Neumond habe ich am liebsten,
die gesamte Bucht ein ausgelassenes Becken,
der Augenblick des Wechsels, den man nicht einfangen kann.

Im Winter werden wir die Polstersessel
näher an den Ofen schieben, alle Lampen
anmachen und einander Gedichte vorlesen,
die wir nicht verstehen,
sofern der Klang für sich selbst spricht.
Wir können einander Tee und Orangen holen.
Kein Mensch kommt vor dem Frühling hier raus.

Wenn ich wieder alleine lebe und an die nächtlichen Ängste
gewöhnt bin, wenn die Schafe an den Wänden wetzen,
denke ich vielleicht an Fetzen alter Melodien;
denke ich vielleicht zurück ans Singen im Bad.
In weiße Handtücher gehüllt werde ich hinaus starren
durch mein Spiegelbild auf die finstere See
nach roten Lichtern eine halbe Meile entfernt,
ein schwaches Deckslicht mit dem Fernglas ausmachen
und dem Nachtwerk winziger Gestalten zusehen.

Übersetzt von Sabine Stiglmayr



Signalflagge K: Ich will Kontakt aufnehmen
KILO

Am Abend sitzen wir auf Felsen oberhalb der Bucht
und beobachten die Gezeiten. Wenn sich ein lohnender
Sonnenuntergang ankündigt, hol eine Jacke und einen Apfel.
Ein Wink könnte meinen, der Bussard ist zurück
auf dem Zaunpfosten, eine kleine Geste
erkundet eine dunkle Strähne in den Wogen.
Keiner von uns hat etwas so sehr von Bedeutung zu berichten,
dass es sich lohnen würde, das Schweigen zu brechen.

Ich denke, ich mag am besten die niedrigen Gewässer,
die ganze Bucht ein entleertes Becken,
der ewig flüchtige Augenblick der Wende.
Im Winter werden wir die Sessel dem Ofen
näher rücken, die Lampen allesamt anzünden
und einander Gedichte, die wir nicht verstehen,
vorlesen, des Klanges wegen.
Abwechselnd werden wir Tee und Apfelsinen holen.
Es kommt kaum einer hier raus vor dem Frühling.

Wenn ich wieder alleine lebe und mich an die Furcht gewöhne
nachts wenn die Schafe an die Wände reiben,
erinnere ich mich vielleicht an Fetzen alter Weisen;
erinnere ich mich vielleicht an das Singen im Bad.
Umhüllt in weisse Tüchern werde ich,
durch meine Spiegelung hindurch, Ausschau halten
nach roten Lichtern, Meilen entfernt, auf dem dunklen Meer,
werde mit meinem Fernglas ein blasses Licht entdecken
werde das Nachtschaffen winziger Silhouetten beobachten.

Übersetzt von Aprilia Zank

Jane Routh is a poet and photographer who manages woodlands and a flock of geese in the Forest of Bowland, North Lancashire, where she’s lived for the last thirty years. Books she returns to most often are by the American poet Charles Wright, and she’d travel a long way to see exhibitions by the photographers Thomas Joshua Cooper or Olivia Parker. An experienced teacher, she was a tutor for the Poetry Business Writing School.
Her first collection Circumnavigation won the Poetry Business Competition. Teach Yourself Mapmaking followed in 2006.

Quelle: poetry p f


Signal Flag K: I wish to communicate with you
KILO

Evenings, we sit on rocks above the bay
and watch the tides. If there are signs
of a good sunset, take a jacket and an apple.
A nod might say the buzzard's back
on the fence post, a small gesture
question a dark streak in the waves.
Neither of us has anything to say
significant enough to break the silence.
I think I like low springs best,
the whole bay an emptied bowl,
the uncaught moment of the turn.

In the winter we shall drag the armchairs
nearer the stove, light all the lamps
and read each other
poems we do not understand
in case sound speaks for itself.
We can take turns to fetch tea and oranges.
No one comes out here till spring.

When I live alone again and am used to fears
at night when sheep rub up against the walls,
I might remember scraps of old tunes;
I might remember singing in the bath.
Wrapped in white towels I shall stare out
through my reflection at the dark sea
for red lights half a mile off,
find a faint deck-light with binoculars
and watch the night-work of tiny figures.

Jane Routh
in collection Circumnavigation, 2002, Smith/Doorstop,
ISBN 1-902382-43-9
previously published in Signal Flags, 2001, Blue Nose Poetry

Die Londonerin Jo Roach begann 1994 an Lyrikseminaren teilzunehmen und wurde insbesondere von Mimi Khalvati und anderen Mentoren an der Poetry School gefördert. Jo war ein Gründungsmitglied des Literaturkabaretts All mouth no trousers. Sie hat Poetry and Jazz im Poetry Café mit Hylda Sims mit vorbereitet und organisiert seit drei Jahren Poetry Street als Bestandteil des Stoke Newington Festivals. Ihre Gedichte wurden in zahlreichen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht, wie beispielsweise in Oxford Poets (hg.v. Bernard O’Donoghue und David Constantine, Oxford University Press und Carcanet, 2007). Ihre Broschüre Dancing at the Crossroads erschien bei Hearing Eye.

Miriam Bross



Gespenst in der Maschine

Jack Davis, in Overalls und Mütze,
repariert nach seinem Vollzeitjob als Maurer
gebrauchte Fahrräder um dazu zu verdienen,
um die Hypothek zu bezahlen für das Haus, das er
grün, weiß und gelb strich zu der Zeit der Anzeigen
in Ladenfenstern: „Zimmer zu vermieten, keine Schwarzen keine Iren“.
Im Abstellraum von Nummer sechzehn hängen
Ersatzräder an Sechs-Zoll-Nägeln, der Boden ein Kies
aus Muttern und Schrauben, der Geruch von 3-IN-ONE Öl
schwer wie Kaki. Mit Händen, rau von Stahlwolle,
poliert er Aluminiumfelgen silbern, entfernt
Glieder aus der Kette bis sie passt. Seine Erinnerung
ist voller Meer, sanfte Töne in jeder Welle
als wäre sie die eine, die brach, als er ein Land
verließ in dem es keine Worte für Ja und Nein gibt.
Sue-Sue Lambert beim Einkauf in Dunlaoghaire
trifft einen der Davises und fragt:
"Ist Jack denn nicht gerade nach Hause kommen?“

Übersetzt von Miriam Bross



Geist in der Maschine

Jack Davis trägt eine Mütze nach seinem Tages Job
als Maurer und repariert im Overall
gebrauchte Fahrräder, um dazu zu verdienen,
um die Hypothek auf das von ihn grün, weiß und gelb
getünchtes Haus bezahlen zu können, zur Zeit der Anzeigen
im Kiosk Laden, „Zimmer zu vermieten, keine Schwarze, keine Iren“.
In der Abstellkammer Nummer 16 hängen Ersatzreifen
an sechs Zoll Nägeln, der Boden ist ein Geröll
von Nüssen und Bolzen, der Geruch von drei-in-eins Öl
ist so schwer wie Kaki. Mit Händen, abgenutzt von Stahlwolle,
puliert er aluminium Felgen zu Silber, er entfernt
Teile der Kette bis sie passt. Seine Erinnerung
ist ganz aus Meer gefüllt, fein eingestimmt auf jede Welle
als ob es Jene wäre, die bricht wenn er ein Land
verlässt, an dem es keine Wörter für Ja und Nein gibt.
Als Sue-Sue Lambert einkaufen in Dunlaoghaire war,
trifft sie einen der Davises und fragt
"Jack ist doch vor kurzem nach Hause gekommen, oder?"

Übersetzt von Maraike Di Domenica



Geist in der Maschine

Jack Davis in Latzhose und Kappe,
hauptberuflich Maurer, repariert nach der Arbeit
gebrauchte Fahrräder, um ein bisschen dazuzuverdienen,
um die Hypothek abzubezahlen für das Haus, das er
grün, weiß und gelb strich in der Zeit der Anzeigen
in Tante-Emma-Läden, „Zimmer zu vermieten, keine Schwarzen, keine Iren“.
In der Abstellkammer der Nummer sechzehn hängen Ersatzreifen
von sechs-Zoll-Nägeln, der Fußboden gepflastert
mit Muttern und Schrauben, der Geruch von 3-in-1 Öl
schwer wie Khaki. Mit seinen von Stahlwolle rauhen Händen
poliert er Aluminiumfelgen silbern, löst
Glieder aus der Kette bis es passt. Seine Erinnerung,
so voller Meer, stimmt jede Welle so fein ab
als wäre es die, die brach als er ein Land verließ,
in dem es keine Worte für ja und nein gibt.
Sue-Sue Lambert trifft beim Einkaufen in Dunlaoghaire
einen der Davis‘ und fragt:
„Jack ist nach Hause gekommen, nicht wahr?“

Übersetzt von Anna Hubrich

Jo Roach, a lifelong Londoner, started taking poetry classes in 1994 and has been particularly encouraged by Mimi Khalvati and other tutors at the Poetry School. Jo was a founder member of All mouth no trousers, a literary cabaret; co-organised Poetry and Jazz at the Poetry Café with Hylda Sims; and has organised Poetry Street as part of the Stoke Newington Festival for three years running. Her poems have appeared in many magazines and anthologies (including Oxford Poets, 2007, OUP and Carcanet, eds Bernard O'Donoghue and David Constantine) and her pamphlet, Dancing at the Crossroads, was published by Hearing Eye.

Quelle: poetry p f



Ghost in the Machine


Jack Davis in overalls, wearing a cap
after his day job as a brickie, repairs
secondhand bikes, to earn extra
to pay the mortgage on the house he painted
green, white and yellow, at the time of ads
in corner shops, ‘Rooms to let, no blacks no irish’.
In the box room of number sixteen, spare wheels
hang from six inch nails, the floor a shingle
of nuts and bolts, the smell of three-in-one oil
heavy as khaki. Hands fretted from wire wool
he polishes aluminium rims to silver, removes
links from the chain until it fits. His memory
full of the sea, fine tunes into each wave
as if it were the one that broke when he left
a country where there are no words for yes and no.
Sue-Sue Lambert shopping in Dunlaoghaire
meets one of the Davises and asks,
“ Is Jack not after coming home? ”


previously published in Poetry Wales
and Dancing at the Crossroads
Under the following labels you will find the 13th issue of our translations (poetry tREnD #13) and some information about the authors.